Es muss nicht immer das Holen, Bringen oder Kaufen eines Automobils sein, was meine Tätigkeit so vielfältig macht.
Eines Freitagabends, so gegen 20:30 Uhr, ich sass entspannt im Wohnzimmer auf der Couch, rief ein Kunde an: „Hallo Stefan, wie geht es dir? Sag, bist du flexibel und spontan?“ Diese letzte Frage war rein rhetorisch, denn er kannte mich und wusste, dass ich sehr spontan sein kann. Auf mein „Ja, womit kann ich dienen?“ kam folgende Geschichte:
Seine Gattin, eine Tochter und er waren aus Vorarlberg unterwegs auf eine sehr feine Hochzeit in ein kleines Städtchen in Niederösterreich an der Donau, ca. 480km entfernt. Zur Hochzeit war große Garderobe angesagt, mit allem, was dazugehört, inklusive Hüten für die Damen. Und da genau passierte das Malheur: Die Dame des Hauses hatte ihre Hutschachtel bei der Abfahrt vergessen! Darin der Hut ihrer Tochter und ihr eigener. Und das Schlimmste: Sie war Trauzeugin, was ohne Hut undenkbar war! Ob ich wohl die Hutschachtel nachliefern würde, fragte er. Auf meine Gegenfrage „Wann denn?“ kam als Antwort „Jetzt gleich, denn die Hochzeit beginnt morgen in der Früh!“ Eine andere Tochter würde zuhause mit Hutschachtel und Verpflegung auf mich warten. Ich solle einen seiner Wagen nehmen. Ich wisse ja, wo die Schlüssel sind. Vor Ort würde er ein Zimmer für mich reservieren, damit ich mich vor der Rückfahrt ausruhen könne. So verrückte Aktionen waren genau meins!
Ich habe mich also ausgehtauglich gekleidet, eine Zahnbürste eingepackt, bin zum Anwesen der Familie gefahren, habe Hutschachtel, Trinkwasser und ein Auto ausgefasst und bin gegen 21:30 Uhr mittels Navi im vollgetankten Auto gestartet.
Auf nächtlicher, relativ verkehrsarmer Strecke kam ich gut voran und landete so gegen 02:00 Uhr müde am Zielort. Mein Versuch, meinen Kunden telefonisch zu erreichen, scheiterte. Er hat einen guten Schlaf, erzählte mir seine Gattin später. Per WhatsApp hatte ich Instruktionen und Fotos erhalten, wie ich in einer Pizzeria mit Zimmervermietung an einen Haustür- und Zimmerschlüssel komme und wo ich am Morgen mein Frühstück einnehmen konnte. Was für eine spannende Nacht!
Am nächsten Morgen lieferte ich gegen 07:30 Uhr die Hutschachtel an eine glückliche Kundin und Trauzeugin ab, verabschiedete mich mit den besten Wünschen für eine gelungene Hochzeit und machte mich auf den Heimweg nach Vorarlberg, nicht ohne vorher ein ausgiebiges Frühstück direkt an der Donau zu genießen.
Einige Tage später meinte mein Kunde: „Stefan, wenn ich dich mit einrechne, waren das die teuersten Hüte, die ich je gekauft habe. Aber du warst DAS Gesprächsthema auf der Hochzeit!“